Der große Überblick

Der große Überblick

Bevor das Ziel eines Wohnprojektes, das gemeinschaftliche Wohnen, Leben und Arbeiten, erreicht werden kann, gibt es einen komplexen Prozess zu bewältigen.
Basierend auf der ursprünglichen Idee eine Gruppe zu bilden und mit dieser gemeinsam eine Vielzahl von Fachleuten einzubinden, stellt den ersten Schritt dar. Darauf folgt, mit einer angemessenen Rechtsform Verträge und eine Finanzierung sicherzustellen. Auf den Grundstücks- oder Hauserwerb schließlich folgt die Planung und Organisation des Bauens, die in Ihrem Ergebnis immer noch der ersten Idee Rechnung tragen soll.
Über eine idealisierte Abfolge und das Ineinanderwirken der Abläufe und Beteiligten geben die folgenden Zeilen Auskunft.

Phasen der Projektentwicklung

Jegliches Wohn- oder Gemeinschaftsprojekt wird in den folgenden 4 Phasen realisiert:
- Initiierungsphase,
- Planungsphase,
- Bauphase,
- Wohn- und Nutzungsphase

1. Initiierungsphase,
In dieser Phase suchen Initiatoren Gleichgesinnte und die Gruppe verständigt sich gemeinsam auf die Ziele und die Form des späteren Miteinander. Dabei ist die Auseinandersetzung der Gruppe mit Ihren Wünschen sowie der Umsetzung in einem Gebäude und einer Struktur in der Initiierungs- und Planungsphase am intensivsten.
2. Planungsphase (Planungsgemeinschaft),
Aus den Ideen werden konkrete Pläne. In einer gemeinsamen Planungsgemeinschaft mit mittlerer Verbindlichkeit werden konkrete Bauplanungen entwickelt und vorbereitet.

3. Bauphase (Bauherren-/Baufrauengemeinschaft),
Die Bauphase ist im wesentlichen durch die Erfordernisse und Abläufe eines „normalen“ Bauprojektes geprägt. Grundstückskauf, die Auseinandersetzung mit Fachleuten, Behörden und Baufirmen steht im Vordergrund.

4. Wohnphase (Eigentümergemeinschaft).
Die Gruppe gestaltet ihr gemeinsames Leben, Wohnen und Arbeiten. Gemeinsam werden Aktivitäten geplant und durchgeführt.
Im Vordergrund steht Mitbestimmung und Selbstverwaltung

Bestandteile des Projektablaufs

Initiierung

Die Initiatoren beginnen sich über das Thema schlau zu machen. Sie haben eine Idee, die sie mit anderen verwirklichen möchten. Sie beginnen mit möglichst vielen Menschen über Multiplikatoren (wie Vereine zum Thema), Aushänge oder Veranstaltungen über Ihre Idee zu sprechen.
Mit den Interessierten die sich für Ihre Idee finden, diskutieren sie regelmäßig die Idee und die mögliche Umsetzung.
Gemeinsam finden sie Partner, das Wunschgrundstück und weitere Aspekte.
Auftakt für die Gründung einer Planungsgesellschaft kann die Durchführung einer Zukunftswerkstatt sein, wo sich eine Gruppe nicht nur redewilliger sondern auch handlungswilliger Menschen formiert.

Vorplanung

Die Vorplanung des Gebäudes zeigt allen Beteiligten, daß das Konzept auf dem gewünschten Grundstück machbar ist und zu welchen Kosten. Auf Grundlage der geschätzten Baukosten wird ein Investitionsplan aufgestellt und die Finanzierung desselben überprüft.

Grundstückskauf

Der Kauf des Grundstücks ist die erste große Hürde, bei der in der Regel relativ viel Geld ausgegeben wird oder zumindest eine große Verantwortung für ein evtl. sehr baufälliges Gebäude übernommen wird.
Bis zu diesem Zeitpunkt muß ein stimmiges Konzept, eine stimmige Vorplanung sowie eine belastbare Kostenschätzung der Architekten vorliegen.

Finanzierung

Selten wird ein Wohnprojekt ganz ohne externe Geldgeber realisiert. Der in der Vorplanung erstellte und fortgeschriebene Investitions- und Finanzierungsplan muß nun für die Geldgeber (meistens eine Bank) verständlich und nachvollziehbar aufbereitet werden.
Da schon mehr als ein Wohn- oder Bauprojekt gescheitert ist, ist an dieser Stelle weniger Phantasie als Realismus gefragt. Die Finanzierungszusage der oft sehr kritischen Banken stellt eine gute Bestätigung von außen dar, daß das Projekt realistisch und umsetzbar ist.

Bauantrag, Ausführungsplanung, Vergabe

Nun erfolgt die technische und rechtliche Ausarbeitung der Planung durch die Architekten. Durch die Ausschreibung der Bauleistungen werden mehrere Baufirmen zur Abgabe günstiger Angebote aufgefordert. Wenn die Bank die Finanzierung bestätigt hat, können die verhandelten Angebote dann auch beauftragt werden.

Bauphase

Sofern die Baugruppe nicht in Eigenleistung aktiv wird, steht die Überwachung der Planung und Verträge gegenüber den bauausführenden Firmen im Vordergrund. Viele unvorhergesehene Entscheidungen sind kurzfristig zu fällen.

Wohn- und Nutzungsphase

Für diese Phase braucht es neben der Phantasie der Bewohner vor allem gute Strukturen um Entscheidungen zu fällen und auch Konflikte einvernehmlich beizulegen. Bewährte Verfahren können jedoch von anderen Gruppen übernommen und angepaßt werden.

Beteiligte am Bau des Wohnprojekts


Baugruppe

Die Baugruppe nimmt in einem Wohnprojekt die wesentliche Rolle ein. Dabei ist die wichtigste Aufgabe, die Projektidee bzw. –ziel zu entwickeln und durch alle 4 Projektphasen hindurch mit geeigneten externen Fachleuten weiterzu-entwickeln und ggf. auch gegenüber äußeren und inneren Zwängen zu bewahren.
Sofern die Baugruppe tatsächlich baut und nicht als Mieter gegenüber z.B. einer Wohnungs-baugenossenschaft auftritt, nimmt sie eine umfangreiche Verantwortung als Bauherrin wahr. Neben der finanziellen Verantwortung für das Projekt schließt sie umfangreiche Verträge mit Architekten, Planern und Baufirmen, die sowohl sachlich wie auch zeitlich koordiniert werden müssen.

Moderator, Projektberater

Ein unparteiischer Moderator ist oft für eine Projektgruppe die einzige Lösung, um zügig und konfliktarm zum Ziel zu kommen. Durch die Neutralität des Gesprächsleiters können unterschiedliche Auffassungen schneller konstruktiv entschieden werden.
Die personelle Übereinstimmung mit einem Projektberater oder –steuerer hat den großen Vorteil, daß die Ziel- und Projektentwicklung und die Festlegung der nächsten Schritte strukturiert erfolgt. Da ja natürlich die konkrete gemeinsame Umsetzung und erst an zweiter Stelle die Harmonie in der Gruppe steht, bedeutet die Begleitung durch einen erfahrenen Projektberater einen Gewinn an Zeit und Energie, da unwichtige Nebenschauplätze in der Diskussion vermieden werden.
Die Zukunftswerkstatt nach Robert Jungk hat sich in dem Zusammenhang als hervorragendes Instrument der Gruppenbildung erwiesen.

Projektsteuerer

Wie bereits dargestellt, hat die Baugruppe umfangreiche administrative, koordinierende und rechtliche Pflichten in einem Bauvorhaben wahrzunehmen.
Wenngleich viele Aufgaben ehrenamtlich durch Gruppenmitglieder erbracht werden könnten, ist dies aus Zeitgründen selten möglich.
Die Delegation dieser Aufgaben an einen Projektsteuerer ist in der Regel unumgänglich, zumal der Projektsteuerer in Vertragsverhandlungen sicherstellt, daß die Gruppe mangels Erfahrung „über den Tisch gezogen wird“, sprich mehr bezahlt als notwendig.

Architekt

Der Architekt hat für die Gruppe eine oft unterschätzte Verantwortung, nämlich das Bauvorhaben fachlich, zeit- und kostengerecht zu koordinieren.
Gerade die grundsätzliche Entscheidung für ein Projekt basiert oft auf den vom Architekten geschätzten Baukosten und den daraus abgeleiteten Nebenkosten. Kommt es dann zu einer Erhöhung der Baukosten um 10% oder 15%, was bezogen auf die Baukosten nicht viel ist, entwickelt sich der Gesamtpreis oft ähnlich.
Einen erfahrenen Architekten auszuwählen oder die Ergebnisse auch konstruktiv zu hinterfragen, hilft viele spätere Streitereien zu vermeiden.

Bank

Nicht viele Banken lassen sich auf ein Wohnprojekt ein. Eine klare Struktur und vertragliche Dokumentation der Verhältnisse der Kreditnehmer untereinander und gegenüber Dritten ist das A und O für eine erfolgreiche Bankanfrage.
Jedoch haben viele Banken sehr restriktive Geschäftspolitiken, daß einen ein „zu klein“, „zu groß“, „zu abgelegen“ oder „nicht wiederverkäuflich“ nicht abschrecken sollte, mit anderen Banken zu sprechen.

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