Eine Gruppe gründen – wie anfangen ?

Eine Gruppe gründen – wie anfangen ?

Am Anfang eines Wohnprojektes steht man/frau vor einem Berg offener Fragen. Das Dickicht lichtet sich jedoch erheblich, wenn der Dreiklang Gruppe – Ort – Idee stimmig aufgelöst wird.
Eine Gruppe möchte an einem spezifischen Ort eine spezifische Idee verwirklichen. Dabei lohnt sich ein Blick auf die einzelnen Bestandteile des Wohnprojektes. Denn je konkreter und spezifischer die einzelnen Aspekte festgelegt werden, desto einfacher wird es für die künftigen Gruppenmitglieder, sich für oder gegen das Projekt zu entscheiden.

Gruppe - Ort - Idee
Ein gemeinschaftliches (Wohn-)projekt nimmt in der Regel dann Gestalt an, wenn zwei der drei Aspekte Gruppe-Ort-Idee spezifisch definiert worden sind. Für Wohnprojekte ist der Ausgangspunkt meistens ein konkreter Ort mit einer konkreten Idee. Ist dieses Konzept überzeugend, findet die Gruppe zusammen, die dieses Projekt umsetzen will.
Für andere gemeinschaftliche Projekte wie Lebens- und Arbeitsgemeinschaften (z.B. im sozialen, kulturellen, politischen oder religiösen Umfeld) ist der Ausgangspunkt eher die konkrete Idee verbunden mit einer konkreten Gruppe, die sich zu ihrem Projekt dann den passenden Ort sucht.

Wohnprojekte
Mit der Idee des gemeinschaftlichen Wohnens ist für Wohnprojekte natürlich ein Großteil der Idee definiert, die zugleich eine Vielzahl von Menschen interessiert. Jedoch ist das „Wohnen“ als verbindendes Element damit auch erhöhten Anforderungen ausgesetzt. Der Stadtteil, die Lage, das Grundstück und die Architektur stellen naturgemäß in der Anfangsphase ein wesentliches Kriterium dar. Dies wird natürlich ergänzt um die Vorstellungen, die mit dieser Wohnform verbunden sind: generationenübergreifend, gemeinsam mit Behinderten, mit gemeinschaftlichen Räumen, in ökologischer oder energieeffizienter Bauweise. Dies sind wesentliche Rahmenbedingungen, die für die Bildung einer Gruppe festgelegt werden müssen. Die Gruppe selbst wird erst mit zunehmender Konkretion des gesamten Projektes zum Entscheidungsfaktor einzelner für die Beteiligung an dem Wohnprojekt.

Lebens- und Arbeitsgemeinschaften
Für eine ganz spezielle Idee des gemeinsamen Lebens und Arbeitens wechseln manche Mitglieder der Gruppe sogar das Bundesland. Wenn gleich das Projekt in schönen Räumen verwirklicht werden soll, steht hier die Arbeit an der Idee und der Konzeption an erster Stelle. Die Abhängigkeiten und Konzepte sind komplex und setzen sich oft mit der Frage auseinander, wie erwirtschaften wir mit unserem Tun unseren Lebensunterhalt. Die Frage des Gelingens entscheidet sich damit weniger an den konkreten Räumen als an der Frage, was tun wir im Verhältnis zu unserm Umfeld.

Wie konkret ist konkret genug?

Viele Projektgruppen kommen am Anfang nicht richtig in Fahrt, weil bestimmte Festlegungen nicht erfolgen und damit das Projekt nicht weiter Gestalt annimmt, sondern auf der Stelle verharrt. Oft steht der Wunsch dahinter, es allen Recht zu machen. Deshalb zunächst einige Gedanken zur Gruppe.

Gruppe
Jeder einzelne ist permanent gefordert Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidungen schließen einander oft aus: Beteilige ich mich bei diesem Wohnprojekt, kann ich nicht an dem andern teilnehmen, etc.
Insofern steht eine Projektgruppe auch in der Pflicht, ihr Projekt in einer gewissen Zügigkeit und Strukturiertheit anzugehen, da sonst jeder einzelne evtl. durchaus verantwortlich handelt, wenn er sich wieder zurückzieht.
Jede Konkretion und Verbindlichkeit hilft dabei, die Chancen der Verwirklichung einzuschätzen und von purer Träumerei zu unterscheiden.
Für Gruppen hat sich bewährt, nach Durchführung einer Zukunftswerkstatt zur Festlegung des Konzeptes eine Planungsgesellschaft/-gemeinschaft zu gründen, in der jedes Mitglied mit einer gewissen Einlage sein etwas verbindlicheres Interesse dokumentiert. Die Einlage wird wiederum verwendet, um weitere Fachleute mit einzubeziehen.
Sofern sich Menschen aufgrund der zunehmenden Konkretheit zurückziehen, wird jedoch für die verbleibende Gruppe immer deutlicher, auf welches Ziel sie zusteuert.

Ort
Die meisten Menschen haben in der Regel eine deutliche Präferenz, wo sie leben möchten. Dies ist teilweise durch berufliche Bindungen bedingt, durch persönliche Bedürfnisse wie der Wunsch nach den Anregungen und Annehmlichkeiten einer (Innen-)Stadt oder eher dem Wunsch nach der Ruhe und Idylle eines eher vorstädtischen oder ländlichen Ortes mit seinem Angebot an Fläche und Natur. Diese Faktoren geben Gruppen und dem was sie tun, ein sehr spezifisches Gepräge und sind für die Ausrichtung und Konzeption eines Wohnprojektes außerordentlich wichtig, da es nicht möglich sein wird, diese gegensätzlichen Tendenzen in einem Projekt zu vereinigen. In großen Städten ist meistens sogar frühzeitig die Festlegung auf einen Stadtteil wichtig, um Projektinteressierten ein klares Bild von dem geplanten Projekt zu geben.

Idee
Die beiden Grundfragestellungen, auf die es hinausläuft, sind: Was wollen wir gemeinsam tun? und : Wer soll dabei sein? Dabei hilft es die wesentlichen Grundsätze des Projekts als gewichtete Liste zusammenzustellen und sich darauf zu verständigen, z.B. gemeinschaftlich und ökologisch. In einem zweiten Schritt wird dies dann konkreter diskutiert. Was heißt dies konkret? Wann ist es zuviel "Gemeinschaft" oder zu ökologisch? Die konkrete Annäherung an das Programm und die Vorstellungen der Gruppe ist ein etwas längerer Prozeß, der nicht nur das Konzept definiert sondern auch die Gruppe formt und Vertrauen in eine Diskussionskultur in der Gruppe entstehen läßt. Deshalb ist hier eine offene, transparente Gesprächskultur von großer Bedeutung. Das moderierte Gespräch oder die moderierte Zukunftswerkstatt sind dabei ein wichtiger Baustein.

Die Zukunftswerkstatt als Mittel der Zielfindung

Das Konzept der Zukunftswerkstatt
Zukunftswerkstatt ist eine maßgeblich von dem Zukunftsforscher Robert Jungk entwickelte Methode, um in Gruppen gemeinsam Ideen zu entwickeln und Möglichkeiten ihrer praktischen Umsetzung zu erarbeiten. Der gesamte Prozeß der Zukunftswerkstatt zielt darauf ab, mit Hilfe von verschiedenen Methoden und Techniken den Teilnehmerinnen und Teilnehmern behilflich zu sein, sich ihrer Ideen, Probleme, Wünsche und Konzepte bewußt zu werden und diese zu formulieren.

Dabei findet der wesentliche Bewußtwerdungs- und Kommunikationsprozeß in drei aufeinanderfolgenden Phasen statt:

- Kritikphase
In der Kritikphase erfolgt eine Bestandsaufnahme von Problemen und Mängeln in einem Bereich.
- Utopiephase
Die Ideen- und Phantasiephase dient der Vorstellung von Vorschlägen und Träumen, wie es anders sein könnte. Diese werden anschließend nach Bedeutung gewichtet.
- Umsetzungsphase
In der Umsetzungs- oder Verwirklichungsphase geht es schließlich darum, Wege und Möglichkeiten zu finden, wie diese Ideen am besten realisiert werden können. Nach Möglichkeit treffen die Teilnehmenden in dieser Phase bereits konkrete Absprachen für das weitere Vorgehen (»Ideenpatenschaften«).

Ziel und Ergebnis
Das konkrete Ergebnis der Zukunftswerkstatt stellt sich auf zwei Ebenen dar: Auf der Sachebene sind Themen und Umsetzungen erarbeitet worden, die für den Großteil der Gruppe bedeutsam oder auch sehr bedeutsam sind. Im Anschluß an die Zukunftswerkstatt kann die Umsetzung dieser umgehend angegangen werden. Auf der Beziehungsebene besteht für jeden innerhalb der Gruppe die Möglichkeit, seine Ideen und Wünsche zu artikulieren, Partner für die Umsetzung zu entdecken und gleichzeitig die Gewichtung seiner persönlichen Bedürfnisse innerhalb der Gruppe wahrzunehmen. Für sich neu formierende Gruppen kann dies auch für einzelne Teilnehmer die hilfreiche Erkenntnis bedeuten, daß die Gruppe oder konkret das Wohnprojekt nicht die vorgestellten Bedürfnisse erfüllen wird. Dieser Bewußtmachungs- und Klärungsprozeß hilft Teilnehmern und Gruppen, selbst wenn die Zahl der Projektinteressierten nach einer Zukunftswerkstatt sinkt, so sind die verbleibenden Mitglieder der Gruppe um so überzeugter, daß sie bei diesem Wohnprojekt richtig sind.

Dauer und Rahmen
Die Zukunftswerkstatt ist ohne großen Aufwand zu realisieren. Für ihre zeitliche Durchführung empfiehlt sich mindestens ein Wochenende. Wichtig ist aber in jedem Fall eine gute Vorbereitung. Sie reicht von der Auswahl geeigneter Tagungsräume bis zur Beschaffung von Arbeitsmaterialien, wozu nicht zuletzt Plakate und Filzstifte gehören, da es ein charakteristisches Merkmal der Methode ist, dass während der drei Phasen stichwortartig die Beiträge für alle Teilnehmenden gut lesbar festgehalten werden.
Zu empfehlen ist weiterhin eine mit der Handhabung von Kreativitätstechniken vertraute Moderation.

Weblinks
www.jungk-bibliothek.at
www.zwnetz.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Zukunftswerkstatt